Die prozessuale Waffengleichheit ist ein grundlegendes Prinzip des deutschen Rechtsstaats, das darauf abzielt, allen Parteien in einem Verfahren die gleichen Möglichkeiten zu geben. Vor Erlass einer einstweiligen Verfügung ist es daher von großer Bedeutung, dass alle Verfahrensbeteiligten angehört werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in verschiedenen Urteilen betont, wie essentiell diese Anhörung ist, um die prozessuale Waffengleichheit sicherzustellen. Bedauerlicherweise halten sich nicht alle Fachgerichte, wie das Berliner Landgericht, an diese Vorgabe.
Kammer des LG Berlin missachtet Waffengleichheit wieder
Die Pressekammer des Berliner Landgerichts (LG) scheint beharrlich die prozessuale Waffengleichheit zu ignorieren. Nach einem Bericht der Bild-Zeitung hat das BVerfG die Kammer bereits zum achten Mal seit Juni 2020 gerügt. Die prozessuale Waffengleichheit ist ein grundlegendes Prinzip des fairen Verfahrens, das sicherstellen soll, dass alle Parteien die Möglichkeit haben, sich zu äußern und ihre Position zu verteidigen. Die wiederholten Verstöße werfen Zweifel an der Unabhängigkeit und Neutralität des Gerichts auf.
Der vorliegende Beschluss erging in einem Rechtsstreit zwischen Boris Becker und dem Axel-Springer-Verlag. Ausgangspunkt war ein Artikel der Bild-Zeitung mit dem Titel „Boris‘ fiese Attacke auf Lilly Becker“, in dem behauptet wurde, dass ehemalige Partnerinnen von Becker sich nicht öffentlich über ihn äußern können. Angeblich soll Becker den Frauen Verschwiegenheitserklärungen vorgelegt haben, die sie unterschreiben mussten, um sich abzusichern. Becker forderte daraufhin eine Gegendarstellung von der Zeitung, die jedoch abgelehnt wurde.
Nachdem die Bild-Zeitung Boris Beckers Forderung nach einer Gegendarstellung abgelehnt hatte, wandte er sich an das Landgericht Berlin. Dort beantragte er eine einstweilige Verfügung, um sein Recht auf eine Richtigstellung durchzusetzen. Überraschenderweise wurde sein Antrag ohne Anhörung des Verlags und ohne mündliche Verhandlung genehmigt, und die Verfügung wurde binnen zwei Tagen erlassen. Diese Vorgehensweise des Gerichts stellt einen Verstoß gegen die prozessuale Waffengleichheit dar und wurde bereits mehrfach kritisiert.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem Beschluss klargestellt, dass die Kammer des Axel-Springer-Verlags das Recht auf prozessuale Waffengleichheit verletzt hat. Dieses Recht spielt eine zentrale Rolle im Rechtsstaat und sollte stets respektiert werden. Der Verlag wurde ohne jegliche Begründung komplett vom Verfahren ausgeschlossen, was nicht nachvollziehbar ist. Warum zumindest keine Anhörung versucht wurde, um eine faire und gerechte Verhandlung zu ermöglichen, bleibt unklar.
Der Axel-Springer-Verlag erhebt den Vorwurf, dass die Pressekammer des LG Berlin eine systematische Verfahrenshandhabung an den Tag legt. Ob dieser Vorwurf berechtigt ist, kann nicht abschließend beurteilt werden. Jedoch bestätigt das BVerfG, dass angesichts der Vielzahl an Beanstandungen durchaus die Vermutung nahe liegt, dass solch ein System existieren könnte.
Die Missachtung der prozessualen Waffengleichheit stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen die grundlegenden Prinzipien des Rechtsstaats dar. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass allen Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gegeben wird, ihre Standpunkte und Argumente vorzubringen. Eine einseitige Entscheidung ohne Anhörung der Gegenseite führt zu einer Ungleichbehandlung und untergräbt das Vertrauen in das Rechtssystem. Ein solches Vorgehen steht im Widerspruch zu den grundlegenden Prinzipien der Gerechtigkeit und Fairness.