Experten, darunter renommierte Wissenschaftler und Vertreter der Lebensmittel- und Werbewirtschaft, haben den Gesetzesentwurf zum Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz (KLWG) kritisiert. Sie sind der Ansicht, dass der Entwurf nicht mit der Verfassung und dem europäischen Recht vereinbar ist. Die zugrunde liegenden Studien, die einen Zusammenhang zwischen Werbung und Übergewichtsentwicklung bei Kindern herstellen sollen, weisen methodische Schwächen auf und liefern keine wissenschaftliche Evidenz. Darüber hinaus warnen die Experten vor den erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Medien- und Werbewirtschaft.
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Forscherin bemängelt: Keine Studie untersucht Einfluss von Werbekonsum auf Übergewicht
Eine Untersuchung von Katharina Schüller von der STAT-UP GmbH und der Deutschen Statistischen Gesellschaft ergab, dass die Studien, die von Befürwortern eines Werbeverbots oft angeführt werden, sich nicht mit dem Einfluss von Werbekonsum auf Übergewicht auseinandersetzen. Diese Studien weisen laut Schüller methodische Schwächen auf und vernachlässigen wichtige Faktoren wie psychologische Effekte. Sie betont, dass für eine evidenzbasierte Politik weitere Evidenz geschaffen werden muss.
Experte kritisiert: Entwurf des Kinder-Lebensmittel-Werbegesetzes lässt zu viel Spielraum für Interpretation
Der Gesetzesentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft wurde von Professor Dr. Martin Burgi von der Ludwig-Maximilians-Universität München aus juristischer Sicht analysiert und für verfassungs- und europarechtswidrig befunden. Insbesondere bemängelte er die zahlreichen unklaren Formulierungen, die zu einer erheblichen Auslegungsfreiheit für die Überwachungsbehörde führen könnten, die die Einhaltung des Gesetzes überprüfen soll.
Kleine Sendeanstalten besorgt über Umsetzung des Gesetzes
Der Direktor des Düsseldorf Institute for Competition Economics, Professor Dr. Justus Haucap, fasst die Einschätzungen der Experten zusammen und stellt fest, dass das KLWG keine Lösung für bestehende Probleme bietet, sondern neue Probleme schafft. Die strikten Nährwertkriterien führen zu erheblichen Verlusten in der Werbebranche und beeinträchtigen die Medienvielfalt sowie die Qualität der Berichterstattung. Insbesondere kleine Sendeanstalten äußern große Bedenken und Sorge angesichts der Umsetzung des Gesetzes.
Politik soll Leitplanken setzen, aber nicht überregulieren: Expertenmeinung zur persönlichen Verantwortung
Dr. Janosch A. Priebe, ein bekannter Neurowissenschaftler und Psychologe, hebt die Bedeutung von Eigenverantwortung hervor und spricht sich gegen Bevormundungspolitik aus. Er weist darauf hin, dass in sozialen Netzwerken oft unwissenschaftliche Behauptungen aufgestellt werden, wie zum Beispiel die Behauptung, dass Zucker süchtig macht. Priebe betont, dass die Politik klare Richtlinien setzen sollte, jedoch ohne zu viel Regulierung, um den Menschen Raum für persönliche Verantwortung zu lassen.
Evidenzbasierte Regulierung erfordert ernsthafte Auseinandersetzung mit vorhandener Evidenz
Katja Heintschel von Heinegg, Geschäftsführerin des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft, lehnt die aktuellen Vorschläge für umfassende Werbeverbote ab, da sie über den im Koalitionsvertrag vereinbarten Umfang hinausgehen. Sie stellt klar, dass bisher keine Studie einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Werbung und kindlichem Übergewicht nachgewiesen hat. Um eine evidenzbasierte Regulierung zu ermöglichen, ist eine gründliche Auseinandersetzung mit vorhandener Evidenz erforderlich. Verfassungs- und europarechtswidrige Gesetzesentwürfe können nicht als Grundlage für Diskussionen dienen.
Der Gesetzesentwurf zum Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz wird von Experten als problematisch angesehen. Bisher konnte kein überzeugender Beweis für einen Zusammenhang zwischen Werbung und kindlichem Übergewicht erbracht werden. Darüber hinaus bestehen juristische Bedenken und die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Medien- und Werbewirtschaft wären erheblich. Kritik wird an einer überregulierten Bevormundungspolitik geübt, während Eigenverantwortung und eine evidenzbasierte Regulierung gefordert werden. Der aktuelle Gesetzesentwurf ist nicht akzeptabel und bedarf weiterer Diskussionen und Überarbeitungen.